Donnerstag, 27. September 2007

Schlaf wird eh überbewertet

Es ist ein Uhr dreißig. Und ich sitze in der MDR Hörfunkzentrale. Ich bin diese Woche bei den Nachrichten eingeteilt. Das schließt Nachtdienst ein, von 21 Uhr bis 5 Uhr 15. Prinzipiell habe ich da ja nichts dagegen. Nur: Es ist nicht wirklich viel zu tun. Und so schlage ich mir einigermaßen sinnlos die Nacht um die Ohren. Nun gut, ein paar Ländermeldungen – Vorausmeldungen für morgen – waren zu schreiben. Die ersten habe ich hinter mir. Meldungen vom Schlag der folgenden:
Auf dem Brocken wird ab heute erstmals moderne Kunst präsentiert. Mitglieder einer Harzer Künstlergruppe stellen im Brockenhotel etwa 20 Bilder und Skulpturen aus. Darunter sind auch Szenen aus der Walpurgisnacht. Die Ausstellung wird mindestens ein Jahr lang zu sehen sein.
Holger, ein gemütlicher Mittfünfziger mit Bauch und Halbglatze, der herrlichstes Sächsisch spricht, schreibt jede Meldung um. Als er damit fertig ist, sagt er: „So, und jetzt warten wir auf um drei.“ Nach drei sollen von den Agenturen noch weitere Vorausmeldungen kommen. Bis dahin kann ich mich wach halten, indem ich ein wenig im Netz surfe.
Zwei Uhr zehn. Ich kriege Hunger. Das kann ich gar nicht verstehen, habe ich doch ordentlich Abendbrot gegessen. Holger beißt in sein mitgebrachtes Brot.
Auf den Internetseiten der ZEIT kann man sich anschauen, wie Hamburger sich ihr „klangvolles Zuhause“ einrichten. Bilder von Menschen und ihren Musikanlagen. Bilder, die man sich sonst nie anschauen würde. Über die Agenturen kommt ein Korrespondentenbeitrag. Ein Porträt zum 70. Geburtstag des Malers Johannes Grützke. Nie gehört den Namen. Ich lerne: „Johannes Grützke hat mit seinen Gemälden das groteske Bild der Deutschen gezeichnet.”
Gestern gab es nur Sportmeldungen, heute kann man auch nachts aus den Agenturen noch was lernen … naja: Vor 50 Jahren explodierte im Südural ein unterirdischer Betontank einer sowjetischen Nuklearfabrik; das war eine der größten Atomkatastrophen der Geschichte. Junge Spanier sind Nesthocker, weil eigene Wohnungen nahezu unerschwinglich sind. Popmusik aus Kanada ist voll im Trend. Aus DaimlerChrysler wird Chrysler – auch auf Briefpapier und Overalls …
Zwei Uhr fünfunddreißig. Nachts ununterbrochen auf den Computerbildschirm zu starren ist anstrengend. Aus dem Fenster gucken ist nicht. Vielleicht sollte ich mal die Treppen ein bisschen hoch und runter gehen?
Drei Uhr drei. Ländermeldungen kommen tatsächlich, aber keine, die wir nicht schon kennen würden. Immerhin ist bei der Vorschau für Berlin ein Lacher dabei: Um zehn wird es eine PK geben "zur Behandlung des über Malta angeschossenen brandenburgischen Schreiadlers «Sigmar»."
Weiter Agenturmeldungen gucken. Da kommt noch was. Heute ist der Tag der Ausstellungseröffnungen. Seltene Briefmarken- und Postliteratur in Leipzig. Zeitgenössische Kunst des Kupferstich-Kabinetts in Dresden. Gläser von der Antike bis zur Gegenwart in Eisenach. Das ist zwar alles recht speziell, aber allemal besser als irgendwelche Kettensägen-Mörder.
Vier Uhr fünf. Das war’s. Viel war und ist nicht los – ab nach Hause!

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