Donnerstag, 27. September 2007

Schlaf wird eh überbewertet

Es ist ein Uhr dreißig. Und ich sitze in der MDR Hörfunkzentrale. Ich bin diese Woche bei den Nachrichten eingeteilt. Das schließt Nachtdienst ein, von 21 Uhr bis 5 Uhr 15. Prinzipiell habe ich da ja nichts dagegen. Nur: Es ist nicht wirklich viel zu tun. Und so schlage ich mir einigermaßen sinnlos die Nacht um die Ohren. Nun gut, ein paar Ländermeldungen – Vorausmeldungen für morgen – waren zu schreiben. Die ersten habe ich hinter mir. Meldungen vom Schlag der folgenden:
Auf dem Brocken wird ab heute erstmals moderne Kunst präsentiert. Mitglieder einer Harzer Künstlergruppe stellen im Brockenhotel etwa 20 Bilder und Skulpturen aus. Darunter sind auch Szenen aus der Walpurgisnacht. Die Ausstellung wird mindestens ein Jahr lang zu sehen sein.
Holger, ein gemütlicher Mittfünfziger mit Bauch und Halbglatze, der herrlichstes Sächsisch spricht, schreibt jede Meldung um. Als er damit fertig ist, sagt er: „So, und jetzt warten wir auf um drei.“ Nach drei sollen von den Agenturen noch weitere Vorausmeldungen kommen. Bis dahin kann ich mich wach halten, indem ich ein wenig im Netz surfe.
Zwei Uhr zehn. Ich kriege Hunger. Das kann ich gar nicht verstehen, habe ich doch ordentlich Abendbrot gegessen. Holger beißt in sein mitgebrachtes Brot.
Auf den Internetseiten der ZEIT kann man sich anschauen, wie Hamburger sich ihr „klangvolles Zuhause“ einrichten. Bilder von Menschen und ihren Musikanlagen. Bilder, die man sich sonst nie anschauen würde. Über die Agenturen kommt ein Korrespondentenbeitrag. Ein Porträt zum 70. Geburtstag des Malers Johannes Grützke. Nie gehört den Namen. Ich lerne: „Johannes Grützke hat mit seinen Gemälden das groteske Bild der Deutschen gezeichnet.”
Gestern gab es nur Sportmeldungen, heute kann man auch nachts aus den Agenturen noch was lernen … naja: Vor 50 Jahren explodierte im Südural ein unterirdischer Betontank einer sowjetischen Nuklearfabrik; das war eine der größten Atomkatastrophen der Geschichte. Junge Spanier sind Nesthocker, weil eigene Wohnungen nahezu unerschwinglich sind. Popmusik aus Kanada ist voll im Trend. Aus DaimlerChrysler wird Chrysler – auch auf Briefpapier und Overalls …
Zwei Uhr fünfunddreißig. Nachts ununterbrochen auf den Computerbildschirm zu starren ist anstrengend. Aus dem Fenster gucken ist nicht. Vielleicht sollte ich mal die Treppen ein bisschen hoch und runter gehen?
Drei Uhr drei. Ländermeldungen kommen tatsächlich, aber keine, die wir nicht schon kennen würden. Immerhin ist bei der Vorschau für Berlin ein Lacher dabei: Um zehn wird es eine PK geben "zur Behandlung des über Malta angeschossenen brandenburgischen Schreiadlers «Sigmar»."
Weiter Agenturmeldungen gucken. Da kommt noch was. Heute ist der Tag der Ausstellungseröffnungen. Seltene Briefmarken- und Postliteratur in Leipzig. Zeitgenössische Kunst des Kupferstich-Kabinetts in Dresden. Gläser von der Antike bis zur Gegenwart in Eisenach. Das ist zwar alles recht speziell, aber allemal besser als irgendwelche Kettensägen-Mörder.
Vier Uhr fünf. Das war’s. Viel war und ist nicht los – ab nach Hause!

Keine competition ohne Handtasche!

Es gibt Tage, auch wenn sie seltener geworden sind, an denen frage ich mich, ob das der richtige Beruf für mich ist.

Heute wieder ein Wirtschaftstermin, ich habe langsam Gefallen gefunden daran: Man bekommt alles schriftlich, macht nur Stichpunkte, die Zahlen über Umsatz und Gewinn verpackt man hinterher in ein paar schöne Worte und bittet die Grafik-Abteilung, das zu veranschaulichen - fertig ist der Lack.
Denkste.

10 Uhr, internationale Lederwarenmesse in der Weltstadt Offenbach. "Ach, da tanzen Leute in Lederkluft rum und ich schreib nachher lustige 60 Zeilen über Umsätze", dachte ich mir. Weit gefehlt.
Bei der Ledermesse geht es nämlich hauptsächlich um Handtaschen.
Also auf zur Fashion Show.
"Silber, metallic, verspielt, minimalistisch, Crash-Optik, oversized bags, clutch bags, androgyn" - der "Fashion Designer" schmeißt wild Stichpunkte in den Raum, mit denen ich nichts anfangen kann. Die Journalisten drum rum gucken wissbegierig. Ich bin diesmal nicht die schlechtangezogenste Person im Raum, gehöre aber definitiv ins untere Drittel.
Dann begint die Show. "Drama, Drama, Drama", schallt es in meinem inneren Ohr, und "die Handtasche muss leben" - wohl zuviel Germany's next Top Model geguckt.

Ich frage mich, wie ich die Zeilen mit dem Kram vollkriegen soll, denn ich verstehe nix von Mode und erst recht nicht von Handtaschen. Wohl zu wenig Vanity Fair gelesen.
Also auf zu den Händlern, die müssen mir ja auch in einfachen Worten sagen können, welche Trends es gibt.
Head of soundso, bekannte Modefirma G.W.: "Haben Sie nicht eine einfachere Frage für den Anfang".
Nein.
Was sollte man denn ausgeben wollen für eine Tasche? "Das ist aber eine nüchterne Frage". Der Head musterst mich mit einem abschätzigen Blick von oben bis unten. Ich bekomme den faden Geschmack davon, dass hier zwar vielleicht nicht zur Upper Class gehören, aber wenigstens so aussehen muss als ob.
"Auch wenn Sie nur einen Rucksack tragen, werden Sie doch wohl wissen, dass ein Handtaschenkauf eine emotionale Angelegenheit ist, da guckt man nicht zuerst auf den Preis".
Ich denke an meinen letzten Taschenkauf: H&M, 10 Euro: Wenig Emotionen.
Ich schweige.
Dann rückt er doch noch mit der Sprache raus: 800 Flocken für ne Prada-Tasche. Bei meinem Praktikantengehalt von 150 Euro ist immerhin der Griff drin.

Zum Schluss gabs wieder Häppchen, wieder zwei Euro fürs Mittagessen gespart und damit der Prada-Tasche schon wieder einen Quadratmillimeter näher gekommen.

Woche 39, Arbeitsnachweis, stichpunktartig

Kalenderwoche 39 - Arbeitswoche 9 - Praktikumswoche 3:


Montag, 10.50 Uhr - Mainz-downtown: Die Woche beginnt ganz gemächlich - kurzer Abstecher ins Seminar zu Meister Hartmann zwecks Praktikumsplanung im Winter. Meine Anliegen enden jedoch ergebnislos - ziehe ich eben unbefriedigt wieder ab. Die Woche fängt gut an!


Montag, 15.25 Uhr - FAZ.Net-Frankfurt: Die Politikredaktion sucht verzweifelt die Fotos zu Afghanistan, die ich mühsam zusammengestellt habe; Dabei sind die eigentlich von mir mit ganz "logischen Zahlencodes" à la "Taliban1/4-2309" abgespeichert. Als Dank kommt die Anmerkung: "Die findet doch so niemand - bist du ein Zahlenfetischist?" - Hat das doch tatsächlich bis zum 11. Tag gedauert, bis die das gemerkt haben! Immerhin gibt's um zehn vor neun abends einen Döner auf Kosten meines Politikredakteurs.


Montag, 22.24 Uhr - Frankfurt-Hauptbahnhof: Schon in der S1 Richtung Wiesbaden, fällt mir ein, dass mein Auto ja in Mainz steht - gerade noch rechtzeitig vor Abfahrt des Zuges kann ich selbigen wieder verlassen und umsteigen. Um 23.36 Uhr bin ich dann auch daheim!



Dienstag, 06.54 Uhr - Wiesbaden-Schierstein: Wegen der "mangelnden Auslastung" jetzt mal sechs Stunden Arbeit im Pressevertrieb. Nette Begrüßung vom Chef: "Ach, du kommst auch mal wieder zum Arbeiten!" Daran schließt sich eine fünfzehnminütige Debatte an, wann ich diese und nächste Woche mal zu kommen gedenke. Geschlagene viermal im Laufe des Gesprächs weise ich darauf hin, dass ich bis Donnerstag die Termine wissen muss. Letzte Worte des Chefs im Gespräch: "Ja, alles klar, ich sag dir am Freitag Bescheid" - und weg war er. Na, vielen Dank!

Dienstag, 14.13 Uhr - FAZ.Net-Frankfurt - Ankunft: Rein zur Tür - Erster Kommentar: "Ach, du kommst auch noch!" - Erste Zweifel erwachen, ob man wirklich gleichzeitig zwei Jobs zur Zufriedenheit aller ausfüllen kann! Den ganzen Tag danach Artikel zu Burma bearbeitet (beim ersten Mal natürlich "Birma" geschrieben - vielleicht doch nicht so vorteilhaft immer nur die SZ zu lesen, wenn man bei der FAZ Praktikum macht!)
Am Abend bin ich schon um 23.27 Uhr daheim - Donnerwetter: 9 Minuten mehr Schlaf als in der Nacht zuvor!

Mittwoch, 19.12 Uhr - Wiesbaden-Bierstadt: Jetzt erinnere ich mich wieder, wie das ist, wenn man noch bei Tageslicht heimkommt. Im Treppenhaus meinem Vermieter über den Weg gelaufen, der gerade einen seiner 26 Kontrollgänge pro Tag in unserer WG gemacht hat: "Sie haben jetzt Ferien, oder? Da haben Sie's ja gut!" - Ja, Alter, ist recht. Ich beschränke meine Reaktion auf ein freundliches Lächeln und verzichte auf einen Kommentar.

Donnerstag, 8.52 Uhr - FAZ.Net-Frankfurt: Mein Masterplan: Heute komme ich früher, um schon um fünf Uhr gehen zu können! Die Realität: Ein Sonderauftrag. Betreuung der Extralinks zum "Regierungswechsel" am Wochenende in Bayern. Den lieben langen Tag stelle ich Texte über Stoiber, Huber, Beckstein, Seehofer, Pauli und umgekehrt und alles noch mal von vorne zusammen. Bilderstrecken entwerfen usw. und so fort. Die Folge: Zwei Überstunden und ein Abgang erst um 18.55 Uhr und das Bedürfnis, den Namen Stoiber jetzt einfach mal nicht mehr hören und lesen zu müssen - das mir das nochmal passieren würde!

Freitag, 13.35 Uhr - Wiesbaden-Schierstein: Sechseinhalb Stunden Arbeit im Pressevertrieb sind erledigt. Bilanz heute: Dreimal in den Finger geschnitten, zweimal mit dem Chef diskutiert zwecks Arbeitszeiten in der kommenden Woche ("Ich kann am Dienstag auf keinen Fall!" - "Dienstag brauche ich dich aber unbedingt!" - "Dann kann ich aber am Montag nicht!" - ""Montag musst du auf jeden Fall kommen!" - "Ach, und dafür dann am Donnerstag nicht?" - "Also Donnerstag habe ich dich jetzt schon fest eingeplant!")

Freitag, 14.36 Uhr - Autobahn A3, Höhe Offenbacher Kreuz - Heimfahrt Richtung Franken: Endlich kriege ich Bayern3 im Autoradio rein - noch 110 Kilometer bzw. 70 Minuten bis daheim! FAZ.Net und Pressevertrieb sind plötzlich ganz weit weg - und die nächste Woche mit ihrem ganzen Stress noch in weiter Ferne - Heimat, ich komme!

Mittwoch, 26. September 2007

Häppchen im Kostümchen

These des Tages:
Ich bin und bleibe eine Provinznudel-Praktikantin.

Rolle rückwärts:
Unser Wirtschaftsredakteur (der einzige) ist im Urlaub. Deshalb werden viele Wirtschaftsthemen auf die derzeit einzige Praktikantin abgeschoben: mich. Wolff würde warm ums Herz werden bei diesen Themen: PK der hessischen Chemieverbände.
Heute morgen in der S-Bahn denke ich, ich guck mal, wo genau die PK ist: Steigenberger Hotel Frankfurter Hof. Prima, denk ich mir, hätte man sich vielleicht was anderes anziehen sollen.
Also in abgewetzter Jeans, ausgewaschenem H&M-Shirt und Totenkopftasche ins Steigenberger. In der Lobby nur feine Herren in Anzügen, die auf Englisch über Wirtschaft reden. Allein die Toilettenräume sind größer als meine ganze Wohnung.
Durch drei Gänge zur PK. Dort bekomme ich mehrere Namensschildchen und darf an einer fein gedeckten Tafel Platz nehmen. Der Kollege neben mir im Anzug. Der Pressesprecher kommt und schüttelt jedem persönlich die Hand. Der Kollege neben mir: "Das ist immer gut, wenn die Leute einem in die Augen gucken und nicht an einem vorbei. Macht Putin ja auch so: direkt in die Augen gucken".
Äh, ja. Bestimmt.
Ich lese eifrig das Pressematerial.
Der Kollege: "Und Sie sind von der FTD?"
Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung war.
"Und wo ist eigentlich dieser Komiker von der FAZ?".
Ich gucke weiter ins Pressematerial. Und in die Runde: dpa ist da, Reuters, die FTD, FAZ - alle im Anzug und Kostümchen.
Naja, wenigstens fürs Mittagessen war gesorgt: Lachs-Häppchen und Rotwein.

Freitag, 21. September 2007

Die Sache mit dem kleinen Finger und der ganzen Hand

Eigentlich dachte ich ja, ich könnte jetzt mal zwei Wochen in Ruhe aussetzen mit dem Blog. Aber die Redaktion macht auch vor Krankschreibungen nicht halt, also bin ich wieder hier.
Heute hab ich in der Redaktion angerufen, um die Fortsetzung meiner Krankschreibung um eine weitere Woche zu verkünden. Bin ich mal nicht so, dachte ich, und hab vorsichtig angemerkt, dass ich ja auch ein bisschen was im Liegen zu Hause machen könnte. Nur in die Redaktion könne ich eben nicht kommen.
"Musst du auch", kam es forsch von der anderen Seite der Leitung. "Dein Themenvorschlag wird nämlich die Titelgeschichte, und du bist ja nur noch bis zum 5. Oktober da." Aha. Um alle Irritationen gleich vorweg zu nehmen: Es handelt sich hier um das klassische Terrier-Syndrom. Ich hab ein ganz harmloses Thema vorgeschlagen, das der Terrier in Person der Chefredakteurin aber anders aufgefasst hat. Und ihre Interpretation findet sie ganz toll.
Ich eher nicht so. Ich hatte nämlich für meinen bescheidenen Vorschlag schon stundenlang recherchiert, wenig gefunden und beschlossen, dass man vielleicht eine Seite damit füllen könnte. Die Titelgeschichte hat sechs. Prima. Immerhin macht die Pauschalistin das mit mir zusammen, sonst wäre ich einigermaßen hilflos. Na ja, aber da kommt wenigstens keine Langeweile auf. Perspektivisch bestehen meine nächsten Tage also aus Fangopackungen, Endlos-Recherche, Physiotherapie, Telefonaten bis zum Ohrenglühen und Massagen.

Das war jedenfalls einer der seltenen Momente in meinem bisherigen Studentenleben, in denen ich die Vorzüge des Amtes erkannt habe: Da ist man absolut abwesend, wenn man krankgeschrieben ist. Arbeit mit nach Hause gibt's da nicht. Aber was soll's...

Mittwoch, 19. September 2007

ABM für Praktikanten

Falls jemand das Großereignis des Tages nicht mitbekommen haben sollte: Die POPKOMM hat heute begonnen. Das war in der letzten Woche bereits Gespräch bei der Wochenplanung. Und dazu wollten die Chefs was haben. Am besten ein Interview mit einer bekannten Band, die dort auftritt. Und dann was zu Tonstudios im Sendegebiet. Also habe ich ein Interview organisiert mit dem Sänger der Band Polarkreis 18, die immerhin aus Dresden kommt. Der Moderator, der das Interview führen sollte, fragte dann natürlich, warum wir denn mit dieser Band sprechen würden, die dem MDR info-Hörer kaum bekannt sein dürfte. Zudem würde sich die Musik sehr sphärisch und wenig nach Mainstream anhören. Nun ja, Christina Stürmer tritt da eben nicht auf. Das Interview gab’s trotzdem.

Mit den Tonstudios hatte ich ein anderes Problem: Ich wusste zunächst gar nicht, was ich denen sagen sollte, warum wir mit denen reden wollten. Dann war die Ansage: Na, uns interessiert, wie sich so ein kleines Tonstudio, das keine bekannten Acts produziert, so durchschlägt. Aha. Rumtelefoniert. Zunächst wenig erfolgreich. Dann meldete sich doch einer zurück. Ich vereinbarte einen Termin für ein Telefongespräch am nächsten Vormittag. Zum Betreuer: „Es klappt doch noch mit einem Tonstudio.“ – „Gut, wann fährst du hin?“ Wie – wann fahre ich hin? Ich hatte gedacht, das würden wir am Telefon klären. Nee, nun doch vor Ort recherchieren. Dumm nur, dass das Tonstudio in der Pampa liegt. Gut 1 ½ Stunden von Halle. Zweimal Zug und dann noch Bus. Mal eben schnell hinfahren und dann gleich den Beitrag fertig machen war nicht drin. Mein Termin war um zwölf. Ich hab’s auch gleich gefunden. Ein winziges Studio im Leipziger Land. Kurzes Vorgeplänkel, dann Mikro eingeschaltet. Eine halbe Stunde gefragt. Dann noch mal auf’s Mikro geschaut. Es war aus. Der Super-GAU. Nachgekuckt. Batterie alle. Das darf doch nicht wahr sein. Blamage im Technikuniversum. Dabei hatte doch die Anzeige noch zwei von vier Balken angezeigt. Zum Glück gab’s um die Ecke einen Aldi. Und noch mal von vorn. Immerhin war der Typ ein geduldiger und nachsichtiger Zeitgenosse. Letztendlich hat die ganze Sache aber mal wieder länger gedauert als geplant. Und meine These ist ein richtiger Hammer: Jedes Tonstudio sucht sich seine Nische.

Manchmal haben die Aufgaben eines Praktikanten auch was von Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Montag, 17. September 2007

Frankfurter Nächte sind lang

Als heute Morgen mein Wecker klingelte, war es draußen noch dunkel. Missmutig bin ich ins Bad gestapft und habe mich gefragt, warum ich mir eigentlich Praktikum um Praktikum bzw. Probejob antue. Ich brauche endlich mal Ferien von den Ferien!
Naja, selbst eingebrockt, also tapfer sein. Kurz nach acht fährt mein Bus, am Bahnhof schnell noch ne FR gekauft - man will ja wissen, worüber die neuen Kollegen auf Zeit schreiben. Am Gleis angekommen, bin ich schon völlig entnervt: Natürlich hat mein Zug 10 Minuten Verspätung. Und natürlich habe ich alles knapp kalkuliert. Ich komme mit 20 Minuten Verspätung in Frankfurt an, als ich in der Redaktion bin, habe ich von zu Hause fast zwei Stunden gebraucht…
Nach einer weiteren Stunde weiß ich immerhin wieder, warum ich mir noch das zweite Praktikum antue: Die Leute sind alle super nett und total locker, 11 Uhr sitze ich schon auf ner PK des Bauernverbands. Zurück in der Redaktion darf ich wieder unter dem tollen Kürzel „prak“ schreiben. Ständig kommt ein neuer Redakteur (Frankfurt ist eben doch etwas hektischer als die kleine Redaktion in Wiesbaden) und stellt sich vor. Einer sagt: „Ah, du hast ja Vorkenntnisse, richtig? Du warst doch da schon mal in Neu-Isenburg, oder?“ Naja – fast.
Am Nachmittag habe ich schon sechs Themen aufgedrückt bekommen, zwei davon sollen noch am selben Tag fertig werden. Aufs Abstellgleis setzt die Rundschau ihre Praktikanten auf jeden Fall nicht. Auch ein Redakteur aus der Wirtschaft kam schon zu mir: „In Wirtschaftsthemen bist du doch bestimmt schon total eingearbeitet, oder?“. Ja klar, mein Spezialgebiet!
Morgen normaler Redaktionstag. 19.30 Uhr Konferenz, die ungefähr 2 Stunden dauern soll. Danach ab nach Wiesbaden, live und vor Ort in Diskotheken recherchieren.
Zum Glück braucht man mit zunehmendem Alter weniger Schlaf ;-)

Freitag, 14. September 2007

roboter, braunbären und schlechtes wetter

moin!
endlich kann ich das wieder den ganzen tag über sagen ohne verständnislose blicke zu ernten. denn ich bin jetzt seit einer woche in hamburg. auch sonst bleibt die stadt sich treu, seit ich hier bin, ist graues schmuddelwetter. aber ich bin ja nicht hier um faul im park rumzuliegen, das habe ich schließlich in wiesbaden zur genüge getan.
geo also. die redaktion ist im gruner-und-jahr-verlagshaus, einem sehr schicken neuen gebäude, das sich allerdings von innen als heimtückisches labyrinth mit unzähligen fluren und treppen entpuppt, was für leute wie mich, die sich zwar jedes unwichtige detail, dafür aber keine namen, geschweige denn zimmernummern merken können, eine ziemliche katastrophe ist. im praktikantenzimmer ist erstmal nichts für mich frei, also werde ich in ein einzelzimmer direkt neben der brigitte-redaktion abgeschoben. entgegen meinen befürchtungen gibt es hier aber sogar richtig was zu tun. erstmal ein bisschen recherche. als wir neuen praktikanten uns dann beim wissenschaftsredakteur vorstellen wollen, platzen wir mitten in eine konferenz, an der wir dann praktischerweise gleich teilnehmen dürfen und jeder zwei meldungen abstauben, die wir schreiben dürfen. ich muss dann erstmal meine eingerosteten englischkenntnisse wieder aktivieren, denn mein erster gesprächspartner ist ein bärenforscher aus england. bei der zweiten meldung geht's dann um roboter. wer bisher immer gedacht hat, r2d2 und c3po wären realitätsferner hollywood-scheiß, der sollte sich mal diese websites angucken, um zu sehen, womit sich amerikas wissenschaftlerelite im moment so beschäftigt:

www.ai.mit.edu/projects/humanoid-robotics-group/kismet/kismet.html

http://robotic.media.mit.edu/

bitte unbedingt die videos von "leonardo" angucken, das ist die definition von niedlich...

leider darf ich gar nicht so detailliert erzählen, worüber ich schreibe, hier ist alles ganz furchtbar geheim. was aber bei einem magazin, das 2-3 monate im voraus produziert wird, durchaus verständlich ist. nächste woche geht es dann an das dauerbrenner-thema klimawandel. fortsetzung folgt.

Stoiber und Subkow statt Campbell und Chan

Sechs Wochen Arbeiten am Stück gehören der Vergangenheit an - zur Entspannung beginnt jetzt auch endlich mein Praktikum bei FAZ.Net in einem der schönsten Viertel Frankfurts (Ironie; wie die Erfahrung lehrt, muss man das ja immer dazuschreiben); Beziehungsweise hat schon vor fünf Tagen begonnen, aber die Kollegin A.K. (Name der Redaktion bekannt) hat sich ja geweigert, mir eher zu verraten, wie man in diesem Blog was veröffentlicht - Egal!
Der erste Kontakt mit der Redaktion in der Vorwoche war schon sehr ermutigend: Auf die Mail-anfrage, wann ich denn kommen solle, hieß es vom stellvertretenden Chefredakteur nur: "Es überrascht mich, dass Sie hier ein Praktikum machen wollen. Auf meiner Liste stehen Sie nicht. Klären Sie das doch bitte nochmal mit der Personalabteilung." Nach einer unruhigen Nacht konnte ein Anruf alle Verwirrung lösen: Zu meinem Glück hatte er nur die falsche Liste und hat sich inzwischen fünfmal dafür entschuldigt (vielleicht selber mal kurz in der Personalabteilung anrufen hätte mich aber deutlich weniger Nerven gekostet!)
Also: Montag Morgen Punkt 9.30 Uhr Dienstantritt im Politikressort. Diesmal also keine Meldungen über Frau Campbells Handywurf oder Jackie Chans neuen Film wie in seligen alten AP-Zeiten, sondern Subkow, Baschir und wie die ganzen Mächtigen dieser Welt so heißen; Endlich angekommen im Ressort meiner Träume (daher habe ich auch gleich mal stolz den Benutzernamen anders gewählt als beim letzten Mal); Um 10 Uhr erste Redaktionskonferenz mit kurzer Vorstellung meinerseits. Erste Reaktion vom Chef nach zwei Sätzen: "Sie kommen aber nicht von hier?! Sie kommen aus Franken, oder?" - Irgendwann lässt mich das nochmal verzweifeln! Folge: Seit zwei Tagen habe ich jetzt alle Meldungen über Stoibers neuen EU-Job hier betreut: "Das kannst du als unser Quoten-Bayer ja jetzt machen!" - naja - gibt Schlimmeres!
Ansonsten sind alle sehr nett und - wider Erwarten - auch locker: Geschätzte sieben Mal hat man mir am ersten Tag gesagt, ich solle "Du" und nicht "Sie" zu den Leuten sagen. Nach drei Tagen des Kopfzerbrechens, woher ich den mich betreuenden Politikredakteur kenne, bin ich im Intranet auch endlich auf die Biographien aller Mitarbeiter getoßen: Der gute Mann war bis vor ein paar Jahren Redakteur und Moderator (!) beim Deutschen Sportfernsehen! Hätte ich auch selber draufkommen können. Allerdings hat der Mann eine ausgeprägte Imperfekt-Schwäche: Niemand anderes würde sonst wohl glauben, es heiße "verstoß" statt "verstieß"; In dieselbe Richtung ging die Frage vorhin an mich: "Sag mal, es heißt doch: 'Dann stich er auf den Rabbiner ein', oder?" Ja, oder so ähnlich halt!
Wie lautet also das Fazit nach fünf Tagen: So ganz langsam durchschaue ich die Finessen des Computerprogramms hier in der Redaktion; Nach fünf Tagen habe ich hier geschätzte 700 Prozent mehr Politikthemen bearbeitet als in sechs Wochen AP; Und zur Abwechslung ist es auch mal schön, den ganzen Tag im Sitzen zu arbeiten und mal 'ne ganze Woche keine Zeitschriften in den Händen zu halten!
In diesem Sinne - auf weitere 25 Tage mehr!!

Donnerstag, 13. September 2007

Einmal neu, bitte

Hier ist das letzte Deutsche Fernsehen mit der taz-schau.

Huch, schon Schluss? dabei hab ich doch gerade so gut geschlafen. E ist zwischen meinem ersten und meinem diesem letzten Posting nicht wirklich viel Weltbewegendes passiert. Ich fasse zusammen:
- Den täglichen Konferenzen beizuwohnenfand ich am Anfang ziemlich interessant, da das einer der wenigen Momente ist, in denen man mekt, dass man irgendwie doch bei einer "anderen" Zeitung ist. So was wie ein Machtwort eines Chefredakteurs gibt es da kaum bis nicht, alles wird schön basisdemokratisch ausdiskutiert. Wenn ich hier arbeiten würde, fänd ich es glaub ich manchmal recht nervig. Wer auch mal eine taz-Konferenz erleben will, kann sich übrigens einfach in das Café unten setzen, da kommt die oder andere Redaktion (oder die Ressortleiter) schon mal zu kleinen onferenzen zusammen, sehr transparent, genau wie die ganzen Büros eh nur durch Glasscheiben voneinander getrennt sind, auch die Chefredaktion ist so immer einsehbar.
- Die tägliche Arbeit beschränkte sich auf sehr viel privates Surfen, was auch an der nicht vorhandenen Motivation, hier allzu deutliche Schleimspuren zu hinterlassen, zurückzuführen ist. Ansonsten musste ich mir wöchentlich etwa 3 bis 7 leserbriefe ausdenken - was ein spaß. Und ab und an ein paar externe Teste durchredigieren und auf Länge bringen.
- Was ich hier selbst publiziert hab, kann ich an einer Hand abzählen. Ist halt so. Abgehakt. Lief die ersten beide Male auch recht glatt, aber dann. Gelinde gesagt kann man das was folgte als ziemliche Katastrophe betiteln. Hier die Kurzversion:
Ich bin beim mag, kann also eine längere Geschichte schreiben.. Thema gesucht, nicht gefunden, weitergesucht, nur was halbes gefunden, vorgeschlagen angenommen, Recherche gestartet, alle Termine platzen, kein Redaktuer interessiert sich für de Fortschritt, geschweige denn die These meines Artikels, zwischendurch aber wegen Themenmangels in der Planung von Seite 5 zum Aufmacher katapultiert, weiter recherchiert, ziellos, planlos, lustlos, Kurz vor Abgabe erste Version gezeigt, leichte Skepsis, aber ok, mit einer unerfahrenen Redakteurin fast einen ganzen Tag drübergebügelt, danach unzufriedener als vorher, am Abend vor Redaktionsschluss am nächsten Mittag kommt dann doch der verantwortliche Redakteur: "Das geht so nicht" - und diktiert mir in 2 Minuten seine Meinung, These etc., die ich bitte so runterzuschreiben hab. In drei Stunden genau das getan, NOCh unzufriedener als vorher. Gedruckt. Danke schön, bitte schön, tschüss. An Gehirn: Erinnerung bitte löschen. An Google: dito.
- Jetzt gerade zum Abschluss sitz ich nochmal an einer Geschichte für die Medienseite, wieder ohne wirklichen Anlass, wieder ohne wirkliche These. Aber sind ja diesmal auch nur 110 statt 300 Zeilen.

Was ich brauche sind ein paar Nachhilfestunden in Themenfindung und einen Selbstverteidigungskurs gegen selbstverliebte Redakteure.
Und Urlaub. Aber der kommt ja jetzt.
Machts gut und bis bald im wohlbehüteten Schoße des domus.

Mittwoch, 12. September 2007

Aus Fehlern wird man klug? oder Weniger ist manchmal mehr

Manchmal bekommt man als Praktikant durchaus Termine, die nett klingen. Ich war heute bei der Halloren-Schokoladenfabrik. Da wurde eine neue Produktionshalle eingeweiht und das Schokoladenmuseum nach Umbau wiedereröffnet. Außer mir waren da die Bürgermeisterin von Halle, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Hans-Dietrich Genscher, seines Zeichens Ehrenbürger der Stadt Halle, und Uwe Seeler. In der Funktion als Schokoladenbotschafter, wenn ich das richtig verstanden habe. Natürlich waren da auch noch eine Menge anderer Leute. Und alle viel schicker als ich. Ich hatte aber auch erst halb zehn in der Redaktionskonferenz erfahren, dass ich um elf vor Ort sein sollte. „Mach da mal eine schöne Reportage von dem Museum und der neuen gläsernen Produktion.“ Äh ja, weil ich von Reportagen im Radio auch so viel Ahnung habe. Naja, auf die Details zu achten kann ja so verkehrt nicht sein. Also schnell Aufnahmegerät ausgeliehen (die haben hier coole Flash-Micros, wo das Aufnahmegerät im Schaft des Mikros integriert ist und die Überspielung echt schnell geht). Leider habe ich in der Eile keine Kopfhörer mitbekommen und zwischendurch war während der Aufnahmen kein Ausschlag zu sehen. Ich war schon verunsichert, ob ich überhaupt was aufnehme. Die Sorge war unbegründet, die Aufnahme war zwar sehr leise, ging aber hochzuziehen.

Ich nahm sicherheitshalber mal alle Reden auf und ein wenig musikalische Untermalung, die von den Bläsersolisten der Staatskapelle Halle kam. Nach einer guten Stunde war der offizielle Teil beendet. Dann gab’s erstmal Häppchen. Das zog sich. Ich wollte keine Häppchen, sondern lieber das Erlebnis Schokoladenmuseum. Zunächst bin ich dann aber in die neue Produktionshalle gestiefelt. Häubchen auf, Kittelchen an und hinein ins Schokoladenparadies. Mikro an. Produktionsgeräusche. Praline kosten. Irgendwann habe ich dann einen Menschen erwischt, der das Ganze ein bisschen erklärt hat. Und den habe ich gebeten, mir zu erklären, wie eine Praline entsteht, von Anfang bis Ende. Das hat er sehr schön gemacht. Es war der Produktionsleiter, wie ich bei der Verabschiedung erfuhr. Er hatte mir auch noch die Hallorenkugelproduktion (inklusive Verpackung) gezeigt. Ich könnte da jetzt ein Feature für die Sendung mit der Maus machen. Die Aktion hatte nur einen Nachteil: Es hat eine Dreiviertelstunde gedauert. Und da hatte ich das Museum noch nicht gesehen. Also noch mal die Vorstandsassistentin gesucht und mit ihr durchs Museum. Auch sie hat ganz schön erklärt, aber insgesamt war ich dann gut drei Stunden dort gewesen. Und aufgenommen hatte ich 119 Minuten. Und der Techniker hat mir natürlich nicht die einzelnen Clips überspielt, sondern einen einzigen Track.

Es war um drei, als ich mit dem Schneiden begonnen habe, es war kurz nach sieben, als die Reportage stand. Sie sollte noch heute Abend laufen. Ob das was geworden ist, weiß ich nicht. Heute war Fußball und das wird von MDR info live übertragen.

Fazit: An der Effektivität muss ich wohl noch etwas feilen.

Eine Runde Mitleid, bitte!

Also, wahrscheinlich komme ich mit der Erkenntnis spät, aber ich bin so schockiert, dass ich das trotzdem an dieser Stelle anbringen muss.

Ich hab heute gesehen, dass zwanzig arme Würmchen den Test geschafft haben und unseren Unterkurs bilden dürfen. Wir waren mal mehr als zwanzig und sind jetzt noch achtzehn plus Alex, also werden von denen auch nur siebzehn oder achtzehn übrig bleiben. Das ist ja nicht schlimm, aber was ich abartig finde:
Im Internet stand, dass 73 Leute den Test absolviert haben. Der letzte Erfolgreiche hatte aber Nummer 136, und selbst wenn er zufällig wirklich der Letzte in der Nummerierung war, hat nur gut die Hälfte der Leute den Test zu Ende gemacht. Sollte das Herrn Wolff nicht mal zu denken geben? Das kann er doch so nicht gewollt haben!

Ich bin sehr gespannt, was das für Leute sind. So toll wie wir sind sie nicht, ist schon klar, aber netter als unser Oberkurs ja vielleicht doch...

Ich verbleibe in Schock und Unverständnis.

Sonntag, 9. September 2007

Walking in Memphis?!

Hallo zusammen,
um die geballte Beitrags-Phalanx des Ferrari/Koch-Duos etwas aufzubrechen - und damit ihr mich nicht vergesst - hier mal ein kurzer Beitrag aus der Neuen Welt. Das Wichtigste in Kürze: Mir geht's gut, die Uni ist stressiger als bei uns und ja: Die Amerikaner sind alle etwas durchgeknallt! Aber meist auf eine total nette - und wenn nicht, dann zumindest auf eine sehr unterhaltsame - Art und Weise.

Das war der Einstieg, jetzt die Details. Die große Rolle rückwärts spar ich mir hier, wer tatsächlich wissen will, wie der Flug, die Ankunft, die erste amerikanische Poolparty oder sonstwas war, kann gern fragen.

Ansonsten mal konkret: Memphis ist eine Südstaaten-Stadt wie sie im Lehrbuch steht. Wahnsinnig heiß außen (100 Grad Fahrenheit sind gar nichts), dank stets auf Volllast laufender Air-Conditioning dafür innen immer ziemlich kalt. Subways und Starbucks finden sich überall - und "überall" ist wörtlich zu nehmen, denn Memphis - obwohl für amerikanische Verhältnisse ja max. eine mittelgroße Stadt - zieht sich für europäische Maßstäbe beinahe unvorstellbar weit in alle Richtungen. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es so gut wie gar keine. Das hat zwei Folgen. Erstens wird das mit den Bus-Fotos schwierig, Oli. Aber ich bemühe mich. Und zweitens schafft man es ohne Auto nirgendwohin. Nicht in die Innenstadt, nicht in die "Vororte", nicht nach Graceland, nicht zum Einkaufen. Zu dramatisch ist das aber meist nicht, denn - auch hier stimmt das Klischee - ausnahmslos jeder amerikanische Student auf dem Campus hat seit er 16 ist ein Auto - und freut sich, immer mal ein paar internationale Studenten kutschieren zu dürfen...

Dabei wäre das aber gar nicht wirklich nötig, denn der Campus hier bietet alles, was das Studentenherz begehrt - vom Schwimmbad bis zum Starbucks-Café. Ich selbst hab im Augenblick vier Kurse, was gar nicht so dramatisch klingt, aber irgendwie doch mehr Arbeit ist, als ich mir das so gedacht habe. Die Kurse selbst sind nämlich doch deutlich zeitintensiver als bei uns (was auch daran liegt, dass man jeden Kurs 2x die Woche hat), dazu gibt es fast jede Woche irgendwelche Tests, Hausaufgaben, etc. Aber bevor ich mich hier ausweine, warte ich besser erstmal ab, wie sehr der Renner euch alle fordert...

Auf und neben dem Campus - also wieder "überall" - gilt das durch viele Hollywoodfilme sehr eingeprägte Klischee: "Americans overdo everything!" Das heißt: Es gibt einfach keinen Normalzustand hier. Das Essen ist entweder super-mega-gesund oder so fettig, dass die erste Bypass-Operation vor dem 30. Lebensjahr unausweichlich ist (und da wir ja hier in der Welt-BBQ-Hauptstadt sind, dominiert letzteres). Die männlichen Studenten sind dementsprechend entweder alle extrem dick oder bis ins letzte austrainiert. Die Mädels entweder Cheerleader-tauglich oder... na ja. Und immer so weiter. Aber ich hoffe immer noch, dass das nur der erste Eindruck ist und der amerikanische "Normalzustand" einfach nur besser versteckt ist als der europäische...

Ansonsten könnte ich mich jetzt noch stundenlang über amerikanische Autos, Einkaufsmalls, Verhaltensweisen, Sportfanatismus, etc. auslassen, aber das spar ich mir heute. Nächstes Mal gibt's dann mehr als diese paar ersten Eindrücke, vielleicht hat sich dann das eine oder andere schon revidiert. Trotzdem: Falls ihr Kinofans seid (das gilt also besonders für dich, Martin), geht nicht in "Balls of Fury". Falls ihr StudiVZ-Fans seid, passt gut darauf auf, denn wenn das Ding Facebook weiterhin nacheifert, macht es bald keinen Spaß mehr. Und falls ihr euch drittens noch nicht richtig mit der Uni Mainz identifiziert, wird es Zeit. Denn wer hier als Freshman nicht an 3 von 5 Unitagen in den "Vereinsfarben" blau/weiß/grau rumläuft, wird schief angeschaut. Und wer sich darüber lustig macht, dass der Bookstore neben Büchern auch Golfbälle mit dem Symbol der University of Memphis verkauft, kann froh sein, dass die meisten Amerikaner sich mit Deutsch doch relativ schwer tun!

Euch allen weiter viel Spaß bei all den Praktika (ganz besonders denen, die bei der dpa und ard.de sind) und dem Genießen der Semesterferien. Ich hoffe, man hört oder liest sich...

Mittwoch, 5. September 2007

Goodbye Saarland

Nach fünf Wochen Saarlandtour ging mein Praktikum am Freitag zu Ende. Aber bis dahin ging’s noch rund:
Dienstag ins Abschiebgefängnis gefahren. Mal wieder gestaunt über die Kaltschnäuzigkeit und Gelassenheit der Angestellten („Wir sind hier nur der Hotelbetrieb“). Georgio kennen gelernt, der 22 Jahre in Deutschland war und noch am selben Tag nach Syrien abgeschoben wurde. Zurück nach Saarbrücken gefahren, nachmittags um fünf noch in die Redaktion gedüst, um bis spät in den Abend die überraschenden Details festzuhalten. Dabei gedacht, dass es doch gut gewesen wäre, nicht ständig dazwischen zu quatschen, wenn man Atmo aufnehmen will.
Mittwoch in die Redaktion mit dem Ziel, wenigstens meinen vorletzten Beitrag fertig zu machen. Einsprechen geht irgendwie an diesem Tag nicht, nach drei Versuchen bin ich nur noch am Rumstottern. Also lieber mit den Kollegen was trinken gehen. Am nächsten Morgen verkatert in die Redaktion. CvD hat keine Zeit, um Beitrag abzuhören.
Freitag, letzter Tag: CvD findet Beitrag richtig gut. In Windeseile das Manuskript für den Knast-Beitrag geschrieben. Zwei Stunden passiert nichts. Mittagessen mit Buchholz, der die Kollegen am Tisch fragt, wie ich mich so mache. Zurück in der Redaktion kommt der CvD mit todernster Mine auf mich zu: „Sag mal, was hast du eigentlich vorher gemacht“. Oho, ich ahne schlimmes. „Äh, ich studiere Journalismus, äh in Mainz“. „Ach, bei Herrn Buchholz also, das merkt man“. Noch immer kein Lächeln auf seinem Gesicht, aber dann kommt’s: „Du schreibst total gute Manuskripte, das ist mir letztens schon aufgefallen. Und auch wenn du rumtelefonierst, stellst du immer genau die richtigen Fragen“. Ach, das ging runter wie Öl! Toll war aber, was danach kam: „Überhaupt sind alle, die vom journalistischen Seminar kommen, immer total gut, man merkt denen das immer an“. Es stimmt also, mit dem SPIEGEL-Niveau ;.-)
Kurz nach acht Uhr abends bin ich aus der Redaktion geschwebt, aber eigentlich wär ich gern geblieben. Radio ist so toll!
Um meine Entzugserscheinungen zu minimieren höre ich zu Hause immer fleißig die Saarlandwelle, aber wenn Schlager kommen, muss ich dann doch auf lautlos stellen…

Dienstag, 4. September 2007

Der Traum vom Berliner Mittelstand

So, nachdem ich für die kommende Ausgabe drei Themen bekommen hatte, stürzte ich mich voller Enthusiasmus in die Arbeit. Eine Betriebsbesichtigung bei Gillette war ja wegen der "hochgeheimen Technologien" etwas schwierig (zu organisieren), aber mit Charme, Demut und penetranten Anrufen konnte ich die Pressefrau überzeugen, mich reinzulassen. Ein Termin steht allerdings noch aus...
Thema 2: Die Sanierung ehemals öffentlicher Kitas durch freie Träger, die Finanzierung derselben und die Auftragsvergabe an Berliner Mittelständler. Ein Stück ohne Nutzwert für den Berliner Mittelstand darf es hier nicht geben. Ich hatte eine wunderbare Quelle, zwei Kästen und eine runde Geschichte - mit These! Ich war so stolz auf mich, dass ich endlich mal eine These hatte und dann auch noch überzeugt war, dass sie sich durchzieht. Wäre ja aber zu schön gewesen. Als ich angemeldet habe, dass ich einen redigierfähigen Beitrag hätte und den Ende der Woche abliefern würde, wurden plötzlich Zweifel der Chefredakteurin/des Terriers angemeldet (ich hoffe, Herr W. liest das hier niemals). Das Thema fänd sie ganz gut, aber Bildung wäre doch so ein abgegrastes Gebiet. Nee, also Kitas möchte sie eigentlich nicht erwähnt haben. Ich sollte doch mal andere öffentliche Einrichtungen suchen, die nach einer Privatisierung saniert würden, und dann sollte ich in den Artikel schreiben, was die demnächst alles bräuchten (Tische, Stühle, Maler, Teppich), damit sich die mittelständischen Unternehmen um die Aufträge bewerben könnten.
Klar, gerne doch. Wie jeder weiß, gibt es das große öffentliche Outsourcing, bei dem die Polizei, die Gewerbeaufsichtsämter, die Asylbehörden und alle Gymnasien privatisiert werden. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, über Sanierung und Finanzierung zu schreiben... Spinnt die? Es geht in der Geschichte nun mal einzig und allein um die Kitas, weil 2005 alle Berliner Einrichtungen privatisiert wurden, unter großem Protest. Das ist DAS Thema.
Waisenhäuser hat sie vorgeschlagen. Das funktioniert aber auch nicht. Erstens heißen die alle anders - Jugendhilfeeinrichtung, Kindernotdienst, Erziehungshilfezentrum und so weiter - sind also suboptimal zu finden. Und zweitens sind so gut wie alle in kirchlicher Hand, und die Kirche bekommt keine öffentlichen Gelder.
Jetzt bin ich frustriert. Da hab ich ein einziges Mal eine vernünftige These, und dann will die keiner wissen. Ich hab mir jetzt einen weiteren freien Träger mit Kitas gesucht; der betreibt aber außerdem ein Museum, ein Musikprojekt, eine Jugendfarm, ein Kinderrechtsprojekt, ein Kulturprojekt, ein Theater, ein Gartenhaus und zwei Abenteuerspielplätze, alle mit öffentlichen Fördermitteln. Den treffe ich heute Nachmittag, das muss reichen.
Na ja, und das dritte Thema (Ich-AG-Unternehmer nach Ablauf der Förderung) schwebt, weil der Terrier immer noch nicht gesagt hat, wie das laufen soll. Alles nicht so einfach.
Irgendwie ist das noch doofer als in der Lehrredaktion. Da weiß man manchmal zwar auch nicht ganz genau, was man schreiben soll, aber das, was man dann schreibt, wird wenigstens so akzeptiert. Hier läuft das so, dass man die Stücke zum Umschreiben zurückbekommt, wenn sie im Tenor nicht exakt den Terrier-Vorstellungen entsprechen. Ich bin gespannt...
Um noch die HÜ einzulösen: Es ist wirklich ein Traum, für und über den Berliner Mittelstand zu schreiben. Nee, tatsächlich ist das gar nicht so schlecht - wenn nur die Führungsebene nicht so anstrengend wäre...

Sonntag, 2. September 2007

Im Wolffschen Garten

Aufgrund eines aktuellen Anlasses hier mal was „off topic“ (sagen die beim SR immer so, klingt doch herrlich wichtig):
Welches deutsche Unternehmen ist in diesem Jahr am umsatzstärksten?
Ich habe spontan mal eine kleine Umfrage in der SR-Redaktion gemacht, wer die Frage nach dem umsatzstärksten Unternehmen beantworten kann: Keiner wusste es.
Na, wisst Ihr’s?
Wenn nicht, dann könnt Ihr froh sein, dass Ihr nicht zum Eignungstest musstet und bereits in den elitären Kreis von Wolff’s Schäfchen aufgenommen wurdet.
Nach sorgfältiger journalistischer Recherche habe ich von mehreren, unabhängigen Quellen erfahren, dass der Wissenstest ziemlich hart war.
Wer die Nato leitet und wo sie ihren Hauptsitz hat – das kann man ja noch wissen. Aber wer Kohls Vorgänger als Parteivorsitzender war, da müsste ich passen. Mussten viele Bewerber offensichtlich auch: Am zweiten Tag des Tests hat Seine Majestät den Studis vor (!!!!) Beginn der Prüfung gesagt, dass er so etwas schlechtes wie den Wissenstest noch nie gesehen hätte. Es folgten Bemerkungen wie „schlechtester Jahrgang“ und anderes. Motiviert doch gleich für den zweiten Teil der Prüfung… - Tja, nur die Harten kommen in Wolffs Garten!

PS: Die Antwort der Frage unter der Rubrik „unnützes Wissen“ lautet: DaimlerChrysler. Im nächsten Jahr wird’s vorrausichtlich VW, weil Daimler jetzt ohne Chrysler ist.