Freitag, 31. August 2007

Der erste Countdown läuft

Es ist die dritte von acht Wochen, die jetzt zu Ende geht, und nach den ersten zwei Wochen geruhsamer und gründlicher Kleinkramrecherche komme ich mir jetzt plötzlich vor wie in der Lehrredaktion am Mittwochabend.
Ich hatte acht Themen vorgeschlagen - immer in der Erwartung, dass sieben davon dankend abgelehnt werden und ich eins schreiben darf. Nee, Pustekuchen: Sie haben alle acht angenommen und vier für die kommende Ausgabe ausgewählt. Das Problem dabei: Am 14. September sollen alle Stücke vorliegen, und weil ja nicht alle erst am letzten Tag da sein sollen, bitten sie um eine gestaffelte Fertigstellung in den Tagen davor. Klar doch, immer gern!
Mannomann, ich hab ja schon mal mit der Recherche angefangen, aber ich musste feststellen, dass das Leben wirklich so kompliziert ist wie bei den doofen Wolff-Themen.
Beispiel: Ich will eine Werksbesichtigung bei Gillette machen. Hört sich erst mal nett an, aber: "Wegen der streng geheimen Technologien, die in der Fertigung zum Einsatz kommen, sind Werksführung sehr schwer zu realisieren." Sie bemühen sich aber und melden sich nächste Woche noch mal... Seh ich aus wie eine Industriespionin?
So, dann suche ich ehemalige Ich-AG-Unternehmer unter 30 und hab bei den Wirtschaftsjunioren der IHK angefragt. Die waren ja auch ganz hilfsbereit und haben mir sechs Kontakte geschickt. Nur sind die guten Jungunternehmer alle Akademiker und haben meist mehrjährige Auslandserfahrung. Was, bitte, soll sich denn der Berliner Otto-Normalunternehmer von denen abgucken?!
Na ja, und so ist das irgendwie bei allen Themen. Aber gut, ohne Herausforderungen wäre das Leben ja auch öde... Folglich forste ich mich weiter (verbotenerweise) durch Google und hoffe auf Zufallstreffer. Und freu mich aufs Wochenende.
Ich wünsche allen, die das lesen, ein schönes ebensolches!

Mittwoch, 29. August 2007

Das zweite Problem besteht darin, dass bei dem Objekt, was ich mir schließlich ausgesucht habe, zwar dabeisteht, dass am Tag des offenen Denkmals Führungen stattfinden werden, wer der Ansprechpartner dafür ist, ist allerdings nicht vermerkt. Da mir die Touristeninformation schon mal so gut helfen konnte, probiere ich es da. Ohne Erfolg. Ich bekomme die Telefonnummer vom „Gebäudemanagement“ der Stadt Halle und vom Stadtmarketing, das Führungen organisiert. Der Herr vom Stadtmarketing ist zwar witzig, kann mir aber auch nicht weiterhelfen. Beim Gebäudemanagement werde ich verbunden zum Stadtarchiv. Der Herr vom Stadtarchiv ist ein bisschen langsam und tut so, als könne er mir weiterhelfen. Am Nachmittag rufe ich ihn wieder an. Wahrscheinlich hatte er mich falsch verstanden. Er konnte mir weder sagen, wer mir schon ein paar Tage vor dem Tag des offenen Denkmals Zugang zur Reil’schen Villa verschaffen kann, noch wer für die Führungen zuständig ist. Aber er hat mir alte Unterlagen zum Objekt rausgesucht. „Ich lege Ihnen das mal in den Lesesaal. Da können Sie bei uns mal vorbeikommen und es sich anschauen.“ So hatte ich das eigentlich nicht gemeint. War aber wohl mein Fehler. Schon bei der Weiterleitung zum Stadtarchiv hätte ich stutzig werden müssen. Nun, ich bin trotzdem hingegangen, denn ich dachte mir: Möglicherweise werde ich mein eigener Führer sein, da kann es nicht schaden, sich informiert zu haben. Und wer behauptet denn, dass Recherche heute ausschließlich über das Internet läuft? Über Gebäude und Besitzer bin ich nun informiert. Aber wer ist nun für Öffnung und Führung zuständig? Ich rufe bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz an, bei der alle Denkmale, die am 9. September geöffnet sein werden, gemeldet werden. Die Reil’sche Villa haben sie nicht gelistet. Das Faltblatt, was ich gefaxt bekommen hatte, ist von den Freunden der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt herausgegeben. Vielleicht wissen die mehr. Eine Internetseite haben sie immerhin. Und eine Sprechstunde: Mittwoch von 16-18 Uhr. Außerhalb dieser Zeit geht keiner ans Telefon. Und die E-Mails scheint auch niemand zu lesen. Als ich heute vom Spielzeugmacher zurückkomme, ist es 17:30 Uhr. Ich rufe bei den Kulturfreunden an, wo tatsächlich jemand ans Telefon geht. Ja, die Reil’sche Villa sei ganz nett, aber auch die Fürstensäle am Bahnhof seien empfehlenswert. „Da kann man sehen, wie der Kaiser seinen Kaffee getrunken hat.“ – „Sind die denn noch original möbliert?“ – „Nein, möbliert sind sie nicht, aber die Decken sind noch erhalten. Wirklich sehr sehenswert.“ Ich glaube, ich bleibe doch bei der Reil’schen Villa. Und immerhin weiß ich jetzt auch, dass sie dem Zoo gehört und dass die Führungen von dem Architekten, der die Sanierung geleitet hat, durchgeführt werden. Müsste ich bloß noch beim Zoo anrufen.

Dienstag, 28. August 2007

Soundso

Es ist gut, wieder hier zu sein. Es ist auch schön, wieder hier zu sein, in Halle, wo ich studiert habe. Und wo der Mitteldeutsche Rundfunk sitzt. Sechs Wochen Radiopraktikum bei MDR info. Nach den ersten vier Wochen bei der Landesbank doch auch mal noch ein sinnvolles Praktikum. Denn bei der Landesbank war ich vor allem eins: chronisch unterfordert. Ein paar Artikel für die Mitarbeiterzeitschrift zu überarbeiten war nun nicht die größte Herausforderung. Und auch die Erstellung einer Chronik zum 50-jährigen Jubiläum der Bank im nächsten Jahr veranlasste mich nicht zu Luftsprüngen. Mit einigem guten Willen könnte man in dieser Aufgabe ja noch einen gewissen geschichtswissenschaftlichen Anspruch sehen, aber wenn sich die Quellen in den Mitarbeiterzeitschriften, den Zeitungsartikeln über die Bank, den Geschäftsberichten und einer vollkommen ausschweifenden, langatmigen und staubtrockenen Schrift zum 25-jährigen Bestehen erschöpfen, verliert man schon bald die Lust. Ganz zu schweigen von meiner nicht vorhandenen Wirtschaftsaffinität.

Und dann hört man Leute vom Radiopraktikum schwärmen und denkt sich: Ja, es gibt in diesen Semesterferien auch noch ein Praktikum, was tatsächlich was mit Journalismus zu tun haben wird. Und dann gerät man doch ins Zweifeln: Werde ich nicht zu hohe Erwartungen haben?

Und dann MDR info, Bereich Zeitgeschehen. Mein Betreuer – der sich tatsächlich zuständig fühlt – ist wirklich nett („Wir wollen ja nicht, dass du nach den sechs Wochen gehst und denkst, dass es nichts gebracht hat.“), ich kann an den Konferenzen teilnehmen, mir wurde am ersten Tag von der Redakteurin vom Dienst erklärt, wie das Programm gebaut wird und sie hat mich auch gleich mal an einen Schnittplatz gesetzt. Dann hab ich mir Themen überlegt und auch zwei durchgekriegt.

Allerdings, so einen Luxus wie bei der Saarlandwelle gibt es nicht. Dienstwagen sind nicht drin. Man merkt auch daran, dass der MDR die Gelder zusammenhalten muss. Morgen will ich nach Oechlitz. Das ist ein winziger Ort ca. 40 km südwestlich von Halle. Da fahren keine öffentlichen Verkehrsmittel hin. Ich hab trotzdem bei Frau Schmidt angerufen, deren Mann dort Holzspielzeug herstellt. Und ich habe ihr gesagt ich würde gern was über Spielzeugproduktion in der Region machen, hätte aber leider kein Auto. Frau Schmidt freute sich, dass sich das Radio für ihr Spielzeug interessiert und hatte auch ein Einsehen in Bezug auf das fehlende Auto: „Wissen Sie, ich bin sowieso vormittags in Merseburg. Da treffen wir uns dort am Bahnhof und ich nehme Sie mit. Und auch zurück kriegen wir Sie schon wieder zum Zug.“ Das ist wirklich entzückend. Ein bisschen peinlich ist es aber auch. Und trotzdem freue ich mich, denn das Thema ist nett und Frau Schmidt hat mir auch schon versprochen, dass ihr Mann mal die Säge anwerfen wird, damit man auch was hören kann.

So habe ich mich heute also auf morgen vorbereitet und nebenbei noch das zweite Thema in Angriff genommen: den Tag des offenen Denkmals. Für radioungeübte Praktikanten ganz gut, da bis zum 9. September einige Zeit Vorlauf ist. Der Vorlauf ist auch notwendig. „Am besten du machst was über ein Denkmal, das dieses Jahr zum ersten Mal dabei ist. Idealerweise irgendso ein altes Gemäuer, wo der Wind durchpfeift und es ein bisschen gruselig wird.“ Das war die Anregung. Anspruch und Wirklichkeit liegen jedoch nicht immer so nah beieinander. Es fing damit an, dass mir niemand sagen konnte, welche der gemeldeten Denkmale überhaupt zum ersten Mal dabei sind. Die Dame vom Landesamt für Denkmalschutz in Halle: „Ja, da kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen, aber das sind ja nur 700 Denkmale in Sachsen-Anhalt dieses Jahr, da vergleichen Sie die Liste von diesem Jahr einfach mit der vom letzten. Sie haben doch bestimmt einen Praktikanten, der das machen kann?“ Die Praktikantin ruft daraufhin in der halleschen Touristeninformation an und lässt sich eine Liste faxen, in der die geöffneten Denkmale der Umgebung inklusive der Angabe, ob sie zum ersten Mal teilnehmen, draufstehen. Glück gehabt. Erstes Problem gelöst. Es gibt noch ein zweites, das nicht darin besteht, dass auf der Liste keine sagenumwobenen Spukschlösser verzeichnet sind. Fortsetzung folgt.

Montag, 27. August 2007

Geh auf's Ganze!

Wie schön: Am Freitag ist die Septemberausgabe des Magazins in den Druck gegangen. Ich dachte ja, dass man "Druckfahnen" überprüft, aber das heißt heutzutage ganz wichtig "der Plot". Na gut, damit kann ich mich ja anfreunden.
Allerdings bin ich seit der Überprüfung des "plots" nicht mehr sicher, ob ich meinen Beruf richtig gewählt habe. Ich zweifle ja schon seit Monaten, auch immer im Amt. Vielleicht ergibt sich noch mal die Möglichkeit eines Spartenwechsels. Ich glaube, ich möchte Korrekturleserin werden. Unbeliebt bin ich ja im Amt inzwischen sowieso, da schadet das auch nicht mehr, wenn ich den Leuten Tag für Tag ihre Defizite in Interpunktion und Orthografie um die Ohren haue. Hier sind es aber harmlosere Sachen, da dreht es sich mehr um Abstände, Punkte in Bildunterzeilen und Trennstellen.
Na gut, heute Morgen kam dafür der Hammer: "Meike, könntest du nicht mal eine kleine Blattkritik machen, wenn die Ausgabe da ist?" Nee, klar, nichts lieber als das: 108 Seiten lesen und dann auch noch fundiert kritisieren. Darauf hab ich nur gewartet. Ich wollte mich schon immer gern mit Steuertipps und Umweltplaketten, Biosupermärkten und Existenzgründertipps herumschlagen.
Aber gut, ich hab schon mal angefangen. Und dabei entdeckt, dass der Titel eigentlich echt nicht gut ist, wenn man Wolff'sche Maßstäbe anlegt. Mal sehen, wie ich dem Terrier das verkaufe...

Ansonsten ist alles gut. Ich hab meine Themenvorschläge in der Gesamtheit auf die Vorschlagsliste gekriegt, die Chefredakteurin ("der Terrier") ist aber diese Woche nicht da. Also warte ich mal ab, was ich davon schreiben darf.
Und ich hab jede Woche weniger Lust, in das doofe Amt zurückzugehen. Und das nach einem Viertel des Praktikums. Da bleibt nur zu hoffen, dass die letzte Woche hier ganz furchtbar wird, damit die Rückkehr nicht so schwer fällt. Und natürlich freu ich mich grenzenlos darauf, euch alle wiederzusehen. Versteht sich von selbst.

So, jetzt mache ich mich an die Blattkritik der ersten Stücke. Layout, technische Details, Bildzeilen, Bildauswahl und allgemeines Themenangebot stehen auch noch bevor...

Donnerstag, 23. August 2007

Mit Füßen reden

Ich steigere mich jeden Tag.
Morgens in die Redaktion, großes „Guten Morgen“ rufen, wie immer keine Reaktion. Nach ganzen zwei Minuten aber reagiert die CvD: „Morgen, Anja“. Boah. Das muss bedeuten, dass sie mich langsam wahrnehmen dort.
Dienstag Beitrag fertig gemacht. CvD: „Inhaltlich ist er echt super“. Kurze Pause. „Und sprachlich sind wirklich gute Ansätze drin“. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. „Doch, das meine ich ehrlich“. Ja, das dachte ich mir, aber wenn ich „gute Ansätze“ habe, heißt das trotzdem, dass 90 Prozent Mist sind, oder?
Gestern: CvD sagt RvD, er soll mal meinen Beitrag hören. „Inhaltlich habe ich wirklich nichts auszusetzen“. Ich warte auf das „aber“, und da kommt es auch schon: „Aber stimmlich ist es echt grenzwertig“. Auf meine Nachfrage erklärt er: „Du sprichst eben wie ein typischer Anfänger“. Große Überraschung. „Du betonst immer am Schluss des Satzes“. Ich krieg die Krise. Genau das ist es doch, was mir immer empfohlen wird. Der Redakteur gegenüber: „Nun bring ihr aber bloß nicht bei, dass sie mit diesem übertriebenen Singsang spricht, der sonst bei Anfängern üblich ist“. Der Mainzer Reporter hat auch noch was beizutragen: „Du quakst zuviel. Du redest zuviel mit dem Hals“.
Wir lernen also: Abwechslungsreich betonen, aber vielleicht auch nicht. Ab heute nicht mehr mit Hals, sondern mit Füßen reden.
Grenzwertigkeit hin oder her – wenn der eingeplante Beitrag zu spät kommt, muss man doch meinen Beitrag senden. Und so lief der heute kurz nach zwölf über den Äther, während ich ganz gespannt neben einem Kofferradio hockte.
Danach gings eben so lehrreich weiter: In einem Anflug akuter Selbstüberschätzung habe darum gebeten, eine Reportage machen zu dürfen. Dienstag geht’s auf ins Abschiebegefängnis in Ingelheim. Super Thema, ich freu mich drauf wie blöd, aber: Ich habe noch nie eine Reportage gemacht, keine Ahnung, wie ich das anstelle. Also beim Mittag mal die Kollegen fragen, denk ich mir, schließlich bin ich hier um was zu lernen und will vom unendlichen Wissen der Star-Reporter und Moderatoren profitieren.
Frage in der Kantine meinen Nachbarn. Der gibt die Frage weiter an seinen Nachbarn. Der: „Tja, was soll ich dazu sagen? Der Kollege xy und der Kollege abc machen gute Reportagen. Ich mach nicht so oft welche, aber wenn ich welche machen würde, wären die natürlich auch total gut.“

Ungeahnte Hindernisse

Mannomann, darauf hat uns irgendwie keiner vorbereitet! Ich versuche seit vier (!) Tagen, ein popliges Interview zu führen, und scheitere an den unterschiedlichsten Gründen. So fünf Fragen an einen Experten. Das Problem: Das Thema - "Die Einführung des Gebäudeenergiepasses am ersten Juli 2008".
Ich hab zig Hausverwaltungen und Immobilienverwaltungen angerufen und dabei live erlebt, was ich zu Hause schon seit Jahren höre: Makler sind ja dumm wie Toastbrot. Das ist ein ausbildungsfreier Beruf, ich könnte ab morgen auch Maklerin sein, und das merkt man. Die Hälfte wusste nicht mal, worüber ich rede. Ein weiteres Drittel wollte nichts dazu sagen, weil es sich defizitär informiert fühlte. Ein Zehntel hatte gute Sekretärinnen ("Heute ist niemand da, der Chef ist im Urlaub").
Damit wären wir beim Rest. Am Montag hab ich ein Interview geführt. Das hab ich zum Autorisieren geschickt, hab es komplett umgeschrieben zurückbekommen - wunderte mich nicht mehr - und wollte dann ein Foto haben, weil das nun mal zum Format gehört. Nee, das war eine Fehlannahme. "Ich bin kein Freund meines Portraits, ich hoffe, wir können darauf verzichten", bekam ich zurück. Als ich ein bisschen nerven wollte, erklärte der Gute, er sei nur noch zwei Stunden in Berlin, fahre dann nach Dresden und wisse nicht, wann er zurückkomme. Prima. Redaktionsschluss war gestern. Seine Absage auch.
Also habe ich das Internet weiter nach fachkundigen Hausverwaltungen durchforstet - mit der gleichen Erfolgsquote wie bisher. Heute Morgen um zehn hab ich dann eine Hausverwaltung gefunden, die Ahnung hatte, was dazu gesagt hat und immerhin nur skeptisch war, was das Foto anging. Ich hab also erklärt, dass es unbedingt heute noch sein muss, und ihr das Interview geschickt. Drei Stunden später habe ich mir erlaubt, mal anzurufen, um zu fragen, wie es denn nun aussehe. Die Kollegin war dran. "Nein, also so, wie das jetzt da steht, geht das nicht. Da gibt es ja gar keinen roten Faden, da müsste man schon noch mal was dazuschreiben". "Dazu schicke ich Ihnen das ja, Sie können gern Änderungen anmerken." "Nein, also eigentlich wollen wir das gar nicht. Meine Kollegin hat gesagt, ich soll das absagen."
Prima. Die Kollegin kann ich ja nicht mal anpflaumen für die Hiobsbotschaft. Und es ist halb zwei und die Magazinseite ist immer noch leer.
Jetzt habe ich meine letzte Bastion aufgegriffen und zum ersten Mal journalistische Grundsätze angekratzt, trotz Medienethik: Ich interviewe die Geschäftsführerin meines Vaters. Und ich hoffe (für sie), dass sie mir dann auch ein Foto schickt.

Warum muss das denn so schwierig sein? Warum kann man sich nicht einfach einen Gesprächspartner suchen, den befragen, das abstimmen und dann ins Blatt setzen? Und warum kriege gerade ich das Thema, bei dem man nichts findet?
Das hier muss bitte die Talsohle sein. Wenn das so weitergeht, gehen meine Illusionen, was die Vorzüge des journalistischen Arbeitsalltags angeht, bald flöten.
Hat nicht jemand von euch auch mal ein mehrtägiges Frusterlebnis und fängt sich zwanzig bis dreißig Packungen ein, damit ich das Gefühl habe, ich bin nicht die einzige Doofe?

Montag, 20. August 2007

Recherche und mehr

So, heute hat die zweite Woche begonnen und ich habe neue Sphären betreten: Das Interview. Die gesamte letzte Woche habe ich mich in Recherche geübt, und so langweilig sich das anhören mag: Ich hab es genossen. Stundenlanges Surfen in der IHK-Seite, einen Vormittag lang Oeckl-Lektüre und Stöbern in allen möglichen Wirtschafts- und Verbandszeitungen - das erweitert den Horizont. Oder wusstet ihr, dass es in Berlin den Verband Naturdarm e.V. gibt? Der Leitsatz auf der Startseite: "60 Jahre für die Wurst". Das wird mein nächstes Stück, glaube ich: Verbandswesen in Deutschland und künstliche Arbeitsplatzschaffung dadurch.
Ansonsten hat sich noch keine Gelegenheit ergeben, Stücke zu erörtern, aber die Themen, die ich vorgeschlagen habe, sind schon mal nicht auf Ablehnung gestoßen. Übermorgen ist Redaktionsschluss, und danach wird alles ruhiger.
Heute war ich mit zu einer Redaktionssitzung bei der Chefredakteurin, "der Freundin" vom Wolff. Sie war übrigens sehr überrascht ob der Intensität der Freundschaft, die der Wolff hat anklingen lassen. An sich ist sie ganz nett, aber sie hat einen sehr irritierenden Silberblick, und irgend einen Haken muss es geben. Die Frau heißt überall nur "der Terrier" und ist ein gefürchtetes Oberhaupt beim Wochenenddienst.

Ich durfte heute ein Interview mit einem Immobilienunternehmer über den Gebäudeenergiepass führen. War an sich auch kein Problem; mein Vater war glücklich, seine Kontakte spielen lassen zu können, und der war auch total nett. Aber was den Sprachfluss angeht, hätte er Katja und Martin in ihren besten Momenten Konkurrenz machen können. Ich hatte nicht den Hauch einer Chance, wörtlich mitzuschreiben, habe schweißgebadet nur Stichpunkte gemacht und das Interview sofort danach geschrieben, damit ich auch ja nichts vergesse, was der Mensch so gesagt hat.
Danach war ich mit sofortiger Wirkung zur Themenbeauftragten für Bau- und Immobiliengewerbe gekürt. Das macht da nämlich niemand gern, und ich hab zugegeben, dass ich das mit dem Energiepass ganz interessant fand...
Macht aber nichts - besser ein aufwändiger Schwerpunkt als keiner.

So, morgen darf ich allen Pressestellen, die mir trotz Anforderung immer noch keine Fotos für die Personalienmeldungen geschickt haben, hinterhertelefonieren. Und ich finde es immer noch sehr gewöhnungsbedürftig, in einem Großraumbüro mit zwölf Leuten zu telefonieren. Abgesehen davon muss man immer erst mal erklären, für welches Medium man anruft, weil kein Mensch "Berlin maximal" kennt. Sehr anstrengend.
Ansonsten bin ich aber echt zufrieden, und die sind auch ziemlich zufrieden mit mir - ich frage so selten nach...

So listen to the radio

Traditioneller Weise heute wieder mein Montags-Blogeintrag.
Kann ausnahmsweise fast nur gutes berichten.
Mein Beitrag wird gesendet. Mit meiner Stimme, von der hier die Redakteure sagen, dass sie ganz gut wäre.
Letztens rief Buchholz an. „Na Frau Koch, sind Ihre Kollegen mit Ihrer Stimme zufrieden“. „Natürlich Herr Buchholz. Haben Sie etwas anderes erwartet?“. Lachen am anderen Ende der Leitung.
Ich kurve weiterhin fleißig durchs Saarland. Mag noch immer kein Auto fahren, schaffe es aber mittlerweile, mich nur noch ganz selten zu verfahren…
Morgen wird mein zweiter Beitrag fertig, habe schon einen Auftrag für den dritten.
Habe heute freundlich darauf hingewiesen, dass ich mich auch noch an einer Reportage oder einem Feature versuchen will. Gleich ein Thema dazu vorgeschlagen, schon 100 gute Gründe erfunden, um es zu rechtfertigen. Vollkommen überflüssig – ging ohne Widersprüche durch.
Ich hab nur noch zwei Wochen hier und ich bedaure das mittlerweile. Würde auch noch länger bleiben. Jetzt, wo ich mich daran gewöhnt habe, dass mein „Guten Morgen“, wenn ich die Redaktion betrete, jeden Tag aufs neue gekonnt ignoriert wird.
Radio ist toll! Ich habe definitiv Blut geleckt und glaube, ich will nie wieder was anderes machen (okay, da bin ich mir nicht gaaaanz so sicher).
Die Reporter vom journalistischen Seminar sind sich auf jeden Fall sehr sicher: Sie arbeiten durchschnittlich 12 Stunden am Tag, 6 oder 7 Tage die Woche. Und finden’s super. Und wollen nicht tauschen. Ich kanns manchmal verstehen.

Freitag, 17. August 2007

Halbzeit

"Das wichtige wissen" lautet der Claim von HRinfo, dem ultimativen und einzigen Nachrichtenradios Hessens. Und da ich nach drei Wochen nun auch schon einiges zu berichten weiß, hier eine kleine Halbzeitbilanz meiner gesammelten Erkenntnisse:

Woche 1
Montag: Der erste Tag hält die überraschende Erkenntnis bereit, dass der HR seine Praktikanten richtig ernst nimmt. In der Personalabteilung bekomme einen Lageplan ausgehändigt, eine Liste mit den wichtigsten Adressen und Ansprechpartnern, einen e-mail account, eine Karte, mit der ich im Kasino das Essen verbilligt bekomme etc.
Auch in der Redaktion hat man sich auf mich vorbereitet: Ich bekomme für die kompletten sechs Wochen einen "Fahrplan" und weiß somit für jeden Tag, in welcher Schicht ich arbeite und wer jeweils mein Ansprechpartner ist. Vorbildlich, finde ich!
Dienstag und Mittwoch: Ich arbeite in der Frühplanung mit, die die Sendung für den nächsten Morgen vorbereitet, Gesprächspartner sucht, Briefings schreibt etc. Alle sind sehr nett und scheinen sich wirklich zu freuen, dass ich ihnen dabei helfe!
Donnerstag und Freitag: Arbeite am Desk, der die Reporter losschickt. Da ich dabei nicht wirklich viel zu tun habe, freut sich ein Redakteur, der noch dringend ein Erklärstück für seine Wochenendsendung braucht. Schon produziere ich mein erstes Stück, spreche es ein und gebe am folgenden Samstag mein Debut im hessischen Äther.

Woche 2
Montag und Dienstag: Arbeite bei den Wirtschaftsnachrichten. Genau mein Thema...
Mittwoch bis Freitag: Frühplanung. Langsam wird Gesprächspartner suchen und Briefings schreiben langweilig. Aber man kündigt mir an, dass es ab Woche drei nicht mehr langweilig wird.

Woche 3
Montag bis Freitag: Arbeite wieder für den Desk und beantworte gleich am Montag Morgen die Frage, ob ich Beiträge machen kann, selbstbewusst mit "Ja". Keine Viertelstunde später sitze ich schwitzend und leicht hysterisch am Schreibtisch und darf meinen ersten BME produzieren. Am Abend bin ich ein Wrack, aber glücklich: Der BME ist fertig geworden und wird am nächsten Morgen laufen!
Mittwoch: Der HR ist sogar so nett, dass er seine Praktikanten schult. Von 9-17 Uhr erfahre ich sehr nützliche Dinge über die HR-Datenbank, weiß jetzt, wie ich auf das gesammelte Musikarchiv des HR zurückgreifen kann, wo die gesammelten Versprecher der letzten Jahre abgelegt sind und erfahre außerdem noch alles über das hauseigene Schnittsystem.
Sehr praktisch, denn gleich am
Donnerstag: Steht der nächste BME an. Und da es um den 25. Geburtstag der CD geht, darf es auch ein bißchen was nettes, featuriges sein. Dank der Schulung habe ich auch schon wesentlich weniger Schweißausbrüche und habe am Nachmittag die 2:30 eingesprochen und sendefertig.
Freitag: Heute mal wieder ein Erklärstück für eine Wochenendsendung geschrieben und eingesprochen. Danach in aller Ruhe in der Kantine die wirklich gute HR-Hausmannskost genossen. Und um 15 Uhr dann der erlösende Satz vom Desk: "Ich glaube, Praktikanten, die soviele Beiträge gemacht habe, haben das Recht, Freitags schon um Drei Uhr Feierabend zu machen!"
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass der HR wirklich sehr nett zu seinen Praktikanten ist?

Montag, 13. August 2007

Neuer Lokalpatriotismus

Heute habe ich die Berliner lieben gelernt. Aber von vorn.
Vom Wiesbadener Kurier war ich ja nicht besonders verwöhnt. Also gehe ich um zwei vor zehn ins Redaktionsgebäude und erwarte Erstaunen, Genervtsein und Überforderung angesichts meines Erscheinens. Aber nein; der Pförtner sieht mich kommen und ruft mir freudig entgegen: "Guten Morgen! Sie wollen sicher jemanden besuchen, oder?" "Nein, eigentlich nicht. Ich bin ab heute für acht Wochen Praktikantin hier, mein Name ist Meike Ferrari." "Ja, sag ich doch. Ich hab Sie schon auf meinem Zettel stehen für heute."
Der Zettel wird mir gezeigt, der zweite Pförtner kommt aus dem Kabuff und besichtigt mich. Schon mal sehr gut: Jemand weiß von mir. Ich werde in den Fahrstuhl geschickt und im vierten Stock vom zuständigen Regisseur abgeholt.
Meine Redaktion besteht aus zwei Redakteuren und jetzt mir. Nach kurzer Einweisung ("Lange Vorträge finden wir doof, du kriegst das ja mit der Zeit sowieso mit und Selbermachen ist immer am besten.") kriege ich Rechercheaufträge. Berlin-Rankings, "die zehn größten/besten/...". In fast allen denkbaren Bereichen darf ich mir Rankings ausdenken und recherchieren, um die Extra-Seiten zu bestücken. Niedergelassene Ärzte pro Bezirk, Krankenhausbetten pro Krankenhaus und beliebteste Ausbildungsberufe hab ich heute schon geschafft, morgen kommen noch Berliner Zeitschriften, Wohnungsleerstände pro Beruf und Media-Agenturen mit den meisten Mitarbeitern dazu.
Es ist bestimmt echte Praktikantenarbeit, aber ich genieße wirklich, mal den ganzen Tag recherchieren zu können. Das fehlt mir schon seit Beginn des Studiums. Und das Beste: Mein zuständiger Redakteur hatte sich geirrt und der Verwaltung geschrieben, ich käme am 23.08.. Wunder über Wunder - ich hatte heute trotzdem schon einen funktionierenden Account auf meinen Namen. Einen richtigen eigenen, keinen pauschalen Praktikanten-Account!
Ich sitze in der Wirtschaftsredaktion des Tagesspiegels und fühle mich wohl wie ein Erdferkel im Schlammloch. Alle Redakteure haben mich begrüßt, NIEMAND siezt mich, der Altersschnitt liegt bei geschätzten 35 Jahren und die Sekretärin ist eine echte Urberliner Pflanze. Es gibt immer eine Getränkebar, man muss seine Tasse nicht selbst spülen und die Kollegen haben mich mittags gefragt, ob ich mit zum Essen komme. Ich will nicht zurück ins Amt! Wiesbaden ist so spießig!

Morgen mache ich meine Rankings fertig und schreibe über Firmenneugründungen. Und meine erste Reportage wird vermutlich ein Stück darüber, dass Friseure immer weniger Azubis haben und mittlerweile schon verzweifelt suchen. Obwohl der Beruf ja zu den fünf beliebtesten Ausbildungsberufen gehört. Ich glaube, ich könnte mich tatsächlich mit Wirtschaftsjournalismus anfreunden - nicht, dass ich das jemals Herrn Wolff sagen würde...

Encore une fois

Morgens übermüdet in die Redaktion gestapft, dort neuen CvD begrüßt.
Das Gespräch über mein Manuskript letzte Woche Freitag begann mit den Worten „Das muss alles ganz anders sein“ und endete mit dem Satz „Try again“.
Aber: Neue Woche – neuer CvD.
Neuer Cvd – neues Glück.
Manuskript abgesegnet, ich soll einsprechen. Also, allen Mut zusammen nehmen und ab in die Sprecherkabine. Auf dem Weg dorthin noch mal an die Tipps von Buchholz und Schweickhardt denken „Sie müssen viiiiel langsamer reden, auch wenn es ihnen zu langsam vorkommt“. Also los. Hinterher den Text mit den O-Tönen verwursten, ich bin begeistert – für meine Verhältnisse klinge ich fantastisch.
CvD Bescheid geben.
„Sie sprechen das gar nicht mal so übel“ – ich wachse gefühlte 5 Zentimeter, dann kommt’s: „Aber Sie sprechen das vieel zu langsam, da muss mehr Tempo rein“.
Ich halt das im Kopf nicht aus. Verspüre den dringenden Wunsch, Buchholz anzurufen und ihm zu sagen, dass mein Text abgelehnt wurde, weil ich zu LANGSAM spreche.
„Sie müssen präsenter sein. Denken Sie sich, ich bin hier und ich hab was zu sagen“. Ach, das kommt mir schon viel bekannter vor…
Von Gegenüber bekomme ich den Tipp, im richtigen Studio mit Technikern einzusprechen. Die würden sinnvolle Tipps geben. Geh dort hin, spreche einmal ein, die Techniker finden’s prima. Keine Tipps. Auf dem Weg in die Redaktion sehe ich Buchholz an mir vorbeihuschen. „Oh nein“, denk ich, „soweit ist es schon mit dir gekommen, dass du halluzinierst“. Schnell noch mal umgedreht – es ist tatsächlich Buchholz. „Tach“; sagt der, und verschwindet wieder.
Schneide dann den Beitrag mit neuem Text noch einmal. CvD kommt nicht mehr dazu, noch mal drüber zu hören. Morgen mehr über zarte Stimmen und zu viel Langsamkeit…

Dienstag, 7. August 2007

Tour de Saarland

Neuer Tag, neue Langeweile – mein Praktikantenmotto.
Antanzen in der Redaktion, sich die Konferenz sparen, aus dem Augenwinkel realisieren, dass der CvD schon wieder total gestresst ist.
Das ignorieren, trotzdem hingehen und sagen: „Haben Sie kurz Zeit, ich würde gern einen Themenvorschlag mit Ihnen besprechen“. CvD guckt gequält. Ich gucke gequält zurück. Scheint zu funktionieren. „Das ist gerade ungünstig, aber es ist ja immer ungünstig, deshalb machen wir das jetzt“. Ich soll meinen Vorschlag recherchieren und genauer erklären, welche Aspekte ich beleuchten will.
Also ab ins Internet. Zwischendurch Gespräche mit den netten Ex-Seminaristen von uns.
Kurz vor Mittag renn ich wieder zum CvD.
Darf meinen Beitrag machen, der erste eigene Beitrag fürs richtige Radio – kann mein Glück kaum fassen. Vergesse dabei, dass es mühsam sein kann, Leute aus Ministerien vors Mikro zu bekommen. Aber egal.
Nachmittags ab zum Betriebsarzt. Endlose Augen- und Hörtests. Und weil der Öffentlich-Rechtliche aus der Tour de France gelernt hat, werden auch bei den Praktikanten Doping-Tests durchgeführt. Ich bin sauber, darf ab morgen die Tour de Saarland fahren.
Zurück in der Redaktion. Große Überraschung: Ich bekomme einen Auftrag. Hörerin des Monats interviewen. Vorgefertigter Fragenkatalog à la „Welches war Ihr Lieblingsbuch?“. Anschließend nur die Antworten zusammenschneiden, kein Off-Text. 1:30 einplanen.
Ich bekomme die Adresse der Hörerin, schaue auf der Karte – ein Dorf 53km von Saarbrücken entfernt. Für 1:30. Muss bis Freitag fertig sein. Und zack – da ist er – der Stress. Dieses Gefühl, das man aus seinen vorigen Praktika noch dumpf erahnen konnte, das von all der aktuellen Langeweile aber völlig überschattet wurde.
Bis Freitag Hörerin und eigenen Beitrag fertig machen, dabei stundenlang durch die saarländische Pampa fahren – ich freu mich drauf.

das tazsche pendel

nachricht aus berlin - stop - die erste woche ist bald um - stop - aufreger am ersten tag: mus mit linux umgehen lernen - stop - aufreger am zweiten tag: keiner - stop - aufreger am dritten tag : keiner - stop - aufreger am vierten tag: keiner - stop - kann jedem nur empfehlen, später mal für wochenzeitungen oder wahlweise auch wochenendbeilagen von tageszeitungen zu arbeiten - stop - denn so erspart man sich eine menge stress - stop - für s praktikum vieleicht nicht die beste wahl - stop - denn man veröffentlicht kaum was - stop - wem das nichts ausmacht: zugreifen - stop - es ist so langweilig und stressfrei, dass man sich schon in prakikablogs in telegrammform schreibt, um wenigstens einmal am tag einen zeitrdruck zu simulieren - stop - gähn - stop - hat aber durchaus auch seine guten seiten hier - stop - kann viel kaffee trinken - stop - und den ganzen tag über themen nachdenken - stop - für stücke mit rund 300 zeilen - stop - schön magazinig - stop - wenn ich denn will - stop - die kollegen sind so lala - stop - der kaffe auch - stop - die kantine zu teuer - stop - aber berlin ist toll

EILEILEIL: tag fünf: der kollege von der medienseite hechtet herüber - stop - ob ich einen termin übernehmen will - stop - einen - stop - termin - stop - draußen in der echten welt - stop - und am ende der woche schreiben - stop - unter zeitdruck - stop - gut dass ich schon mal geübt hab EILEILEILende

dann erscheine ich also überregional, der durchbruch ist nah. vielleicht hört ullrich fichtner ja bald auf, dann wird in hamburg ne stelle frei. kann ja nicht gesund sein immer diese irakreisen.

Montag, 6. August 2007

Das ganze Praktikum ist ein Quiz

Zehn nach sechs klingelt an diesem Morgen mein Wecker. Ich komme kaum aus dem Bett. Die Augen rot, darunter dicke Ringe, so stellt man sich den Start in die Woche vor. Aber ich bin guter Dinge, habe ich doch heute meinen ersten Tag in der „richtigen“ Redaktion, nachdem ich letzte Woche erfolgreich um Versetzung gebeten hatte.
Kurz nach acht bin ich auf dem SR-Berg, 50 Minuten zu früh. Aber ich soll unbedingt Punkt neun zur Konferenz da sein, also hieß es, den früheren Bus zu nehmen.
Also erstmal Kaffee in der Kantine und SZ lesen.
9 Uhr: Konferenz. Außer mir drei Redakteure und ein Chef. Chef: „Achja, das hier (zeigt auf mich) ist übrigens eine neue Praktikantin, die eigentlich keine Praktikantin ist (ich horche auf). Eigentlich ist die drüben in der Nachrichtenredaktion, aber sie wollte auch mal einen Beitrag machen“. Aha.
9.05 Uhr: Die Konferenz ist beendet. Hat sich total gelohnt.
Der CvD weist mir einen Platz zu und kommentiert: „Wir haben ab heute ein neues Redaktionssystem, deshalb sind wir alle nervös und haben ÜBERHAUPT KEINE Zeit. Du musst dich heute also in Geduld üben“. Yup. Meine größte Stärke.
Also sitze ich rum. Und sitze. Und sitze. Mache ein Sozialwissen-Quiz bei sueddeutsche.de. Über Arbeitslosen- und Krankenversicherung.
Mir gegenüber der legendäre Redakteur, mit dem die Buchholzianer schon mal ein Telefongespräch hatten. Guckt mich an: „Ah, Sie sind die Frau mit dem Eis in der Kantine“. Ich: „Ja, manche nennen mich auch Anja Koch. Bin ab heute hier Praktikantin und nicht mehr in der Nachrichtenredaktion“. Er: „Das ist gut, bei uns ist es viel geiler!“. Gleich noch Grüße vom Buchholz bestellen und übers Seminar lästern.
Dann wieder sitzen. Und sitzen. Alle Zeitungen lesen. Und sitzen.
12 Uhr: Ich beginne zu zweifeln. Wozu habe ich mir am Wochenende schon die vielen guten Themen überlegt, wenn ich sie jetzt nicht mal vorschlagen darf??
Die andere Praktikantin will den CvD kurz was fragen „Nee, das geht heute auf keinen Fall, wir sind so gestresst, dass wir heute keine Fragen beantworten können“. Das lässt hoffen.
Auf meinem Handy drei Anrufe in Abwesenheit. Ich werde nervös. Anrufe um diese Uhrzeit – das kann nur die Redaktion meines Arbeitgebers sein, die mich zusammen scheißt, was ich am Wochenende für Mist zusammengeschrieben habe. Dann klingelt es wieder. Total schlechte Verbindung, so stelle ich mir einen Anruf aus Kasachstan vor. „Ja hallo, hier ist der Saarländische Rundfunk“. Ich beginne zu zweifeln: Wenn mich der Saarländische Rundfunk auf dem Handy anruft – wo befinde ich mich dann momentan?? Schnell noch mal umgeschaut. Doch, sieht aus wie die SR-Redaktion. „Hier ist das Sekretariat“. Ich soll für auswärtige Termine ein Auto bekommen. Prima, denk ich mir, ich hasse Auto fahren. Fast so sehr wie zum Arzt zu gehen. „Ach ja Frau Koch, vorher müssen Sie aber noch zu unserem Betriebsarzt und sich bescheinigen lassen, dass Sie fahrtauglich sind“.
13.30 Uhr: Ich sitze wieder. Und sitze. Und sitze.
Drei Reihen weiter vorne sind zwei Computer ausgefallen. Die Redakteure fluchen, der Techniker rennt wild hin und her.
15 Uhr: Ich sitze immer noch. Wusstet ihr, dass Sarah Jessica Parker alias Cary Bradshaw wegen ihrer Stilettos kaputte Knie hat?
15.30 Uhr: Wir dürfen los eine Umfrage machen.
Schade, der nächste Bus kommt erst in ner halben Stunde. Die andere Praktikantin hat ne tolle Idee: Wir trampen. Zehn Minuten später befragen wir Passanten zum Thema Taschengeld (läuft morgen Vormittag, wer sichs geben will). Zurück funktioniert das Trampen nicht, nur doofe Franzosen, die ignorant an uns vorbeifahren. Also den Berg bei 30 Grad wieder hochklettern.
17 Uhr: Die Umfrage schneiden. Die Praktikantin weiß, wies geht. Hat ihr die letzte Praktikantin gezeigt. Und die wusste es von der davor, und die….
17.45 Uhr: Brauchbare Antworten sind zusammen geschnitten. Alles andere macht der Redakteur selbst, weil er selbst noch nicht so genau weiß, was er will.

Vielleicht wäre die PR-Branche doch eine dauerhafte Lösung….