Donnerstag, 23. August 2007

Mit Füßen reden

Ich steigere mich jeden Tag.
Morgens in die Redaktion, großes „Guten Morgen“ rufen, wie immer keine Reaktion. Nach ganzen zwei Minuten aber reagiert die CvD: „Morgen, Anja“. Boah. Das muss bedeuten, dass sie mich langsam wahrnehmen dort.
Dienstag Beitrag fertig gemacht. CvD: „Inhaltlich ist er echt super“. Kurze Pause. „Und sprachlich sind wirklich gute Ansätze drin“. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. „Doch, das meine ich ehrlich“. Ja, das dachte ich mir, aber wenn ich „gute Ansätze“ habe, heißt das trotzdem, dass 90 Prozent Mist sind, oder?
Gestern: CvD sagt RvD, er soll mal meinen Beitrag hören. „Inhaltlich habe ich wirklich nichts auszusetzen“. Ich warte auf das „aber“, und da kommt es auch schon: „Aber stimmlich ist es echt grenzwertig“. Auf meine Nachfrage erklärt er: „Du sprichst eben wie ein typischer Anfänger“. Große Überraschung. „Du betonst immer am Schluss des Satzes“. Ich krieg die Krise. Genau das ist es doch, was mir immer empfohlen wird. Der Redakteur gegenüber: „Nun bring ihr aber bloß nicht bei, dass sie mit diesem übertriebenen Singsang spricht, der sonst bei Anfängern üblich ist“. Der Mainzer Reporter hat auch noch was beizutragen: „Du quakst zuviel. Du redest zuviel mit dem Hals“.
Wir lernen also: Abwechslungsreich betonen, aber vielleicht auch nicht. Ab heute nicht mehr mit Hals, sondern mit Füßen reden.
Grenzwertigkeit hin oder her – wenn der eingeplante Beitrag zu spät kommt, muss man doch meinen Beitrag senden. Und so lief der heute kurz nach zwölf über den Äther, während ich ganz gespannt neben einem Kofferradio hockte.
Danach gings eben so lehrreich weiter: In einem Anflug akuter Selbstüberschätzung habe darum gebeten, eine Reportage machen zu dürfen. Dienstag geht’s auf ins Abschiebegefängnis in Ingelheim. Super Thema, ich freu mich drauf wie blöd, aber: Ich habe noch nie eine Reportage gemacht, keine Ahnung, wie ich das anstelle. Also beim Mittag mal die Kollegen fragen, denk ich mir, schließlich bin ich hier um was zu lernen und will vom unendlichen Wissen der Star-Reporter und Moderatoren profitieren.
Frage in der Kantine meinen Nachbarn. Der gibt die Frage weiter an seinen Nachbarn. Der: „Tja, was soll ich dazu sagen? Der Kollege xy und der Kollege abc machen gute Reportagen. Ich mach nicht so oft welche, aber wenn ich welche machen würde, wären die natürlich auch total gut.“

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