Montag, 30. Juli 2007

Ich han's dir do gesaat...

Korrektur: koch wurde abkommandiert ins abgelegenste Bundesland dieser Nation: Das Saarland.
Vom Zonenkind zum Zonenpraktikanten… Alle Schilder und Wegweiser sind vorsichtshalber auf Französisch übersetzt, schließlich lebte man ja mal unter deren Regiment.
Noch abgeschiedener als das Saarland ist eigentlich nur eins: Der Saarländische Rundfunk. Die Damen und Herren der Anstalt haben es sich auf einem Berg gemütlich eingerichtet, der Intendant residiert, wie es sich gebührt, in einem Schloss. Doof nur, dass die Busse dorthin nur einmal in der Stunde fahren – Verschlafen is nich.
An meinem ersten Tag war ich also gute 45 Minuten zu früh. Auf zum Chef meiner Redaktion. „Was hatte mich noch mal dazu bewegt, Ihnen ein Praktikum zu geben, welche außergewöhnlichen Fähigkeiten haben Sie?“. „Äh, Herr Buchholz hat sie dazu bewegt?“. „Achja, der Herr Buchholz, der Meister himself.“
Dann wird mir erklärt, dass ich in der Nachrichtenredaktion bin – die nichts anderes macht als Meldungen der Agenturen n bissl umschreiben, damit sie besser gelesen werden können – also genau das, was wir bei Buchholz das ganze Semester nicht gemacht haben….
Kein einziger Beitrag wird dort gemacht, die Redakteure kommen nie aus ihrem Büro raus. Scheißegal, wie deren Stimmte klingt. Meine Stimmung sinkt… „Das Lernziel sollte sein, dass Sie nach den fünf Wochen hier Nachrichten schreiben können“, sagt der Chef. Genau, dafür investiere ich mein Geld und meine Zeit….
Dann gibt’s noch eine kleine Predigt über die Schwierigkeiten dieser Arbeit, Gefasel über „plakative Leadsätze“, und ein ganzes Buch über die Nachricht, dass ich bitte lesen soll.
In der Redaktion weiß natürlich keiner was mit mir anzufangen. Also lächle ich freundlich vor mich hin. Dann gibt’s einen roten Ordner auf den Schreibtisch, 250 Seiten dick. „Unsere Bibel“ kommentiert ein Redakteur, „die lesen Sie jetzt und verinnerlichen sie.“
Aha.
Also arbeite ich mich durch die Abhandlung über Nachrichten, Teamarbeit und den ehrenvollen Journalismus überhaupt. Zwischendurch immer wieder Kommentare der anderen Redakteure: „Ach, Sie kommen von Herrn Buchholz – na, das sind Sie ja schon versaut“. „Wie, Sie lernen bei Herrn Buchholz – da müssen wir Ihnen ja alles neu beibringen“.
Im Ordner tausend Hinweise zu Wörtern, die man nicht benutzt. Keine Ahnung, wie ich mir das merken soll. Leider haben wir bei Buchholz nie besprochen, wie man Meldungen umschreibt.
Die Kollegen diskutieren über die Nachrichtenlage, in feinstem Dialekt, den ich schon nach zehn Minuten nicht mehr hören kann. „Ich han’s dir do gesaat“. Heinz Becker live, in Farbe und 24/7.
Der CvD: „Naja Frau Koch, heute produzieren Sie mal nicht, heute arbeiten Sie sich nur ins System ein“.
14.30 Uhr gucke ich dermaßen deprimiert und gelangweilt, dass der CvD Mitleid hat: „Okay Frau Koch, dann probieren Sie doch mal eine Meldung, wenn Sie sich das schon zutrauen“.
Ich schreibe ohne groß nachzudenken drauf los, der CvD guckt drüber und sagt: „Leute, ihr könnt die Produktion einstellen, Frau Koch übernimmt das jetzt.“ Nichts hatte er auszusetzen an meiner Nachricht, zehn Minuten später lief sie über den Äther.
Lernziel des Praktikums erreicht.

1 Kommentar:

telefonzentrale: ferrari hat gesagt…

Anja, Herr Wolff wäre stolz auf dich: SEINE Studenten machen doch überall einen guten Eindruck.
Für den Dialekt hast du mein volles Mitleid.